Melanoia

Melanoia

Melanoia

Dejan Terzic lädt Zuhörer mit seinem Quartett Melanoia in seine Traumwelten ein – greift aber auch Zeit- strömungen auf. Die politischen und ökonomischen Ereignisse der letzten (und nächsten) Jahre rechtferti- gen Melancholie und Paranoia durchaus. Ob Terzic diese Ebene ebenfalls im Blick hatte ist nicht überliefert, spielt aber auch keine Rolle. Beide Begriffe sind jedenfalls in der Musik wahrhaft greifbar.

Ausnahmslos mit Weltklasse besetzt schafft Melanoia ein musikalisches Kontinuum, dessen Grund das unglaublich gute, ebenso leichtfüßige wie pointierte Schlagzeugspiel vom letztjährigen Echo-Preisträger Terzic bildet (bester Drummer). Mit Saxofonist Hayden Chisholm, Pianist Achim Kaufmann und Gitarrist Ronny Graupe hat er eine Band um sich geschart, die man im euphorischsten Sinne des Wortes als Allstar-Formation des deutschen Jazz bezeichnen kann. Die Band stellt ihr jüngstes Release vor, die im Mai erscheinende CD „Labyrinth“. Auch hier ist die Namensgebung kongenial gewählt: In einem Labyrinth gibt es kein Zentrum, keine Ordnung, nur Verschachtelungen.

Terzic spinnt lineare erzählerische Fäden, ohne dass konkrete Figuren oder Landschaften erstehen würden. Die suggestive Kraft seiner Musik entsteht aus deren kompakter Einheit. Das Ohr hört auf, nach einzelnen Stimmen zu suchen, was zählt, ist in jedem Moment das Ganze. Solos im klassischen Sinne fehlen deshalb auf der CD komplett. Bei den kurzen und dezenten Exkursen der vier Musiker handelt es sich eher um pointierende oder kolorierende Beiträge, die sich in die stimmige Gesamtarchitektur einfügen. Terzic und Melanoia geben keine konkreten Bilder vor. Jeder kann ins Labyrinth seiner eigenen Assoziationen entfliehen, im Fluss der Musik zu sich selbst finden, um an anderer Stelle wieder in den sanften Strom der surrealen Klangbilder einzusteigen.

So erschöpft sich diese Musik niemals, denn immer wieder wird man sie auf der Leinwand der eigenen Wahrnehmung neu zusammensetzen. „Labyrinth“ ist so unkalkulierbar und facettenreich, aber auch so abgründig, transparent und mysteriös wie ein echter Traum. Ob es die süße Verlockung eines hypnotischen Alptraums oder das Elysium einer erlösenden Traumflucht ist, kann jeder Hörer selbst für sich entscheiden.

Hayden Chisholm (Saxophon),
Achim Kaufmann (Piano),
Ronny Graupe (Gitarre),
Dejan Terzic (Schlagzeug,Percussion, Computer)

Eintritt: 10,00 €

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